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Immunbiologin Angelika Riemer forscht an einem Impfstoff gegen Krebs

von Hanno Charisius
Die Immunologin entwickelt einen Impfstoff, der Gebärmutterhalskrebs auch bekämpft, wenn Frauen bereits darunter leiden.

Der Kampf gegen das humane Papillomavirus (HPV) wird aus einem schmalen, grauen Büro am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg geführt. Fachartikel liegen ausgebreitet auf dem Schreibtisch, als wolle Angelika Riemer ihr For­schungs­gebiet auf einen Blick erfassen. Die 38-jährige Immunologin arbeitet daran, mithilfe eines therapeutischen Impfstoffs Gebärmutterhalskrebs neuartig bekämpfen zu können. Es ist die dritthäufigste Krebsart bei Frauen, und bei 70 Prozent von ihnen wird sie von HPV-Erregern verur­sacht, mit denen sich fast jede Frau mal beim Sex infiziert. Bei den meis­ten schaffen es die Abwehrkräfte des Körpers, die Viren loszuwerden. Bei manchen jedoch nicht.

In Deutschland sind im Jahr 2010 nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 4660 Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkrankt und 1524 an den Folgen gestorben. Diese Zahlen müssten in Zukunft schon deshalb sinken, weil es seit einigen Jahren eine vorbeugende Impfung gegen HPV-Infektionen für Mädchen gibt. Doch nur etwa 40 Prozent von ihnen lassen sie sich in Deutschland geben, und in weniger entwickelten Ländern wird die Impfung nicht mal angeboten. Auch deshalb forscht Riemer an therapeutischen Impfstoffen, die auch dann wirksam sind, wenn Frauen bereits mit HPV infiziert sind. Und dadurch an Krebs erkrankt sind.

HPV kann bei Männern Penis und Analkrebs auslösen auslösen, doch die Erkranktenzahlen sind gering. Jungen werden bislang nicht geimpft.

Riemer ist 2010 von Harvard nach Heidelberg gewechselt, der deutsche Nobelpreisträger Harald zur Hausen hatte ihr das Angebot gemacht, die dortige „Nachwuchsgruppe Immuntherapie und -prävention“ zu leiten. Zur Hausen hatte einst entdeckt, dass HP-Viren Gebärmutterhalskrebs auslösen können.

Riemers wohl wichtigstes Werkzeug bei ihrer Forschung ist ein Massenspektrometer. Mit dem sucht sie in Krebszellen nach molekularen Spuren der HP-Viren. Denn Zellen haben die Eigenart, nach außen zu zeigen, was in ihrem Inneren passiert. Wenn sich zum Beispiel Viren in ihnen vermehren, dann tauchen molekulare Bausteine der Erreger auch auf der Außenhaut der Zellen auf. Riemer versucht, diese sogenannten Epitope aufzu­spüren, und will dann Wirk­stoffe entwickeln, die daran binden und dem Immunsystem ein klares Signal geben: „Diese Zelle ist befallen, bitte zerstören.“

Als Riemer in Heidelberg anfing, glaubte sie, dass sie etwa zwei Jahre brauchen würde, um die Zielmoleküle zu identifizieren und sich dann an die Entwicklung des Impfstoffes machen zu können. Einige Epitope hat sie identifiziert, doch im Zeitplan liegt sie nicht mehr. „Aber so ist das halt, wenn man eine neue Methode entwickelt“, sagt Riemer.

Es gibt viele HPV-Typen, das verkompliziert Riemers Forschung. Sie arbeitet zunächst mit Typ 16, der etwa die Hälfte aller Tumoren an der Gebärmutter verursacht. Doch Riemer ist überzeugt: Es wird einfacher, weitere Impfstoffe zu entwickeln, sobald der erste funktioniert.

Eine Übersicht aller Innovatoren der Februar-Ausgabe von WIRED gibt es hier.

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