Wer in ein Hochhaus kommt und vor der Wahl steht, zum Termin im 15. Stock den Fahrstuhl zu nehmen oder Treppen zu steigen, der wird sich für den Lift entscheiden – wenn er nicht ein trainierter Läufer ist, der es allen zeigen will. Bald gibt es womöglich eine Alternative.
In den USA hat ein Team aus Ingenieuren und medizinischen Fachleuten zusammen mit Computerspezialisten ein Treppensystem entwickelt, das Energie recyceln soll. Auf die Weise verbrauchten Menschen beim Rauf- und Runtergehen sehr viel weniger Energie, heißt es in der Studie, die im Fachmagazin PLOS One veröffentlicht wurde.
So funktioniert es: Die Treppenstufen hängen an Metallspiralen, die den Schritt abfedern, wenn jemand hinuntergeht. Das verringere den Energieverlust um ein Viertel, heißt es. Das fehlende Viertel ist aber nicht verloren, sondern wird umgewandelt in eine Unterstützung beim Hochgehen. Man muss sich das so vorstellen, dass die Stufe sich jeweils etwas absenkt, wenn man von oben auf sie tritt – und einem beim Hochgehen Schwung gibt, indem sie sanft hochfedert. Die smarten Stufen enthalten Sensoren, die den Druck messen, mit dem jemand auftritt und sich dann entsprechend weit absenken.
Mit dieser Technologie sollen vor allem Menschen mit Gehschwierigkeiten zum Treppensteigen ermutigt werden. Das Forschungsteam geht sogar davon aus, dass langfristig Treppenlifte und letztlich auch Aufzüge vermieden werden könnten.
„Mit Treppen klarzukommen, ist eine echte Herausforderung für Menschen mit Muskelschwäche oder Gelenkschmerzen und beeinträchtigt deren Mobilität“, sagt Karen Liu von der Georgia Tech University, Co-Autorin der Studie. „Treppensteigen gehört zu den Themen, die Senioren am meisten nennen, wenn sie nach Schwierigkeiten im Alltag gefragt werden.“
Das Forschungsteam hat ein Video veröffentlicht, in dem zu sehen ist, wie eine Testperson die federnden Stufen bewältigt. Es ist ein Prototyp des Treppensystems ERAS – energy recycling assistive stairs. Das Assistenzsystem könne auf bestehende Treppenstufen gesetzt werden, heißt es.
Alle Testpersonen haben laut der Studie relativ intuitiv mit den beweglichen Stufen umgehen können, bei „360 Treppengängen gab es nie Sicherheitsprobleme“, heißt es. Einen kleinen Haken gibt es dennoch: Bisher funktioniert das Energierecyceln nur, wenn jemand zuerst von oben nach unten geht. Dann nämlich gibt er Energie ab, die beim Hinaufsteigen wieder genutzt werden kann.
Der ERAS-Prototyp sei also bisher vor allem eine gute Idee, sagen die Forscher. Um sie richtig nutzen zu können, müsse noch weitergeforscht werden. Sie sind dran.