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Dieser deutsche Forscher wird vom Chan Zuckerberg Biohub finanziert

von Anna Schughart
Was tun, wenn Mark Zuckerberg einem viel Geld und die neusten Technologien gibt, um die Welt von allen Krankheiten zu erlösen? Für Martin Kampmann ist die Antwort klar: Herausfinden, wie man Alzheimer und Parkinson heilen kann.

Die Chan Zuckerberg Initiative Biohub hat angekündigt, 50 Millionen Dollar an verschiedene Forschungsprojekte zu geben. Die 47 ausgewählten Wissenschaftler werden für fünf Jahre Biohub-Investigators und erhalten bis zu 1,5 Millionen Dollar für ihre Arbeit. Zu ihnen gehört auch Martin Kampmann.

Kampmann, der ursprünglich aus Deutschland kommt, forscht mittlerweile an der University of California, San Francisco. Er und sein Team haben sich mit ihrer neuen Methode, neurodegenerative Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer zu erforschen, gegen 700 Mitbewerber um den Status als Biohub-Investigator durchgesetzt. Woran Kampmann arbeitet, wie er mit der Genschere CRISPR eine Therapiemöglichkeit für Parkinson und Alzheimer finden möchte und warum es dazu die Hilfe von Priscilla Chan und Mark Zuckerberg braucht, erklärt er im Interview.

WIRED: Die Chan Zuckerberg Initiative möchte alle Krankheiten besiegen. Übernehmen Sie Alzheimer und Parkinson?
Martin Kampmann: Wir haben tatsächlich einen ganz neuen Ansatz, um neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson zu erforschen. Dazu haben wir eine Methode entwickelt, bei der wir mit der CRISPR-Technologie alle Gene im Genom ein- und ausschalten können. Diese Methode, CRISPRi und CRISPRa, können wir jetzt in verschiedenen Typen von Nervenzellen anwenden, die wir aus menschlichen Hautzellen differenzieren.

WIRED: Lassen Sie uns das Schritt für Schritt durchgehen. Was läuft bei einer Krankheit wie Parkinson in den Gehirnzellen schief?
Kampmann: Alle neurodegenerativen Krankheiten haben eines gemeinsam: Bestimmte Proteine in den Zellen falten sich falsch und klumpen dann zusammen – man nennt das Proteinaggregation. Wir versuchen zu verstehen, welche Gene diesen Fehlfaltungsprozess kontrollieren und ob wir ihn verhindern können. Wir wollen aber auch verstehen, warum diese Proteinfehlfaltung so schädlich für manche Nervenzellen ist.

WIRED: Es gibt auch Nervenzellentypen, für die falsch gefaltete Proteine kein Problem sind?
Kampmann: Ja, manche Nervenzellentypen sind robuster oder besser: resistenter. Diese Zellen haben entweder einen Schutzmechanismus entwickelt oder sind einfach natürlich weniger anfällig für Proteinaggregation. Sie haben das gleiche Genom, nur sind andere Gene ein- und ausgeschaltet.

WIRED: Und Sie können normale Hautzellen in die verschiedenen Nervenzelltypen umwandeln, um sie zu untersuchen?
Kampmann: Genau. Und mit Hilfe unserer CRISPR-Technologie können wir dann systematisch jedes einzelne Gen einschalten oder ausschalten und schauen, welchen Effekt das hat. Denn wenn man herausfinden würde, was manche Zellen resistenter macht, wäre das ein Therapieansatz.

WIRED: Habe Sie schon eine Vermutung, welche Gene für die verklumpten Proteine verantwortlich sind?
Kampmann: Wir – und damit meine ich jetzt die gesamte Forschergemeinde – haben natürlich schon einige Ansatzpunkte. Allerdings hat leider noch keiner davon zu einer Therapie geführt, die tatsächlich Menschen hilft, in dem sie den Krankheitsverlauf erheblich beeinflusst und verbessert. Daher wollen wir jetzt ganz systematisch, und ohne Vorannahmen Gene und Kombinationen von Genen daraufhin überprüfen, ob wir neue therapeutische Strategien entdecken können.

WIRED: Könnte man den Übeltäter dann einfach mit CRISPR ausschalten?
Kampmann: Das ist dann eher die Sciene-Fiction-Lösung – die in bestimmten Bereichen aber sicher auch versucht werden wird. Unser Ziel ist es, die Mechanismen zu verstehen und zelluläre Faktoren zu entdecken, die gute Angriffspunkte wären. Der realistischere Weg würde dann über die traditionelle Pharmakologie gehen: mit Molekülen, welche die Funktion dieser Faktoren hemmen.

WIRED: Die Fähigkeit, systematisch Gene auszuschalten, könnte doch auch nützlich sein, um andere Krankheiten zu erforschen. Arbeiten Sie daran?
Kampmann: Tatsächlich war Krebs der erste Anwendungsfall für die neue CRISPR-Technologie, die ich als Postdoc mitentwickelt habe. In meinem eigenen Labor habe ich dann angefangen, diese Technologie mit Modellen für menschliche Neuronen zu kombinieren. Die Krebsforschung hat aber im Vergleich zu den neurodegenerativen Krankheiten über die Jahre hinweg deutlich mehr Forschungsgelder bekommen. Bei den neurodegenerativen Krankheiten gibt es daher noch viel mehr offene Fragen auf ganz fundamentaler Ebene, deshalb haben wir hier unseren Fokus gesetzt.

Was ich als großen Vorteil am Biohub sehe, ist der intellektuelle Austausch mit anderen Menschen, die begeistert neue Technologien entwickeln.

Martin Kampmann:

WIRED: Wenn Sie schon länger neurodegenerative Krankheiten erforschen, welchen Unterschied macht da ihr neuer Status als Biohub-Investigator?
Kampmann: Als einzelnes Labor hat man nur einen beschränkten Zugang zu bestimmten Technologien und auch nur beschränkt Forschungsgelder. Was ich als großen Vorteil am Biohub sehe, ist der intellektuelle Austausch mit anderen Menschen, die begeistert neue Technologien entwickeln. Da man sich im Biohub-Campus persönlich sehen und austauschen kann, werden viele Synergien und neue Ideen entstehen.

WIRED: Was wollen Sie in den kommenden fünf Jahren erreichen?
Kampmann: Mein Traum wäre es, das wir im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen das Potential unserer neuen Forschungsmethode unter Beweis stellen, indem wir zumindest bei einer Erkrankung einen Therapiekandidaten finden, an den bisher noch niemand gedacht hat. Und dass wir diese Therapie dann – zusammen mit anderen Forschern aus dem Biohub – so weit wie möglich entwickeln.

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