Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

WIRED testet die neue PlayStation VR

von Michael Förtsch
PlayStation VR ist das erste moderne Virtual-Reality-Headset für die Konsole. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft kann man damit unkompliziert in virtuelle Welten eintauchen, Sony verspricht VR für jedes Wohnzimmer. Dafür muss man allerdings auch Kompromisse machen, zeigt unser Test.

Rasend schnell fliege ich durch eine abstrakte Cyberspace-Umgebung. Beim Blick nach links sausen farbig pulsierende Würfel in Drahtgitter-Optik vorbei. Nach oben hin öffnet sich ein Geflecht aus Hieroglyphen und rechts schweben flackernde Pyramiden. Hinter ihnen surren in Formation fliegende Geschütztürme hervor. Mit einem Laser-Visier markiere ich sie, um sie dann zu wummernder Electro-Musik abzuschießen. Ein Würfel setzt dabei farbige Strahlen frei und schleudert mich abrupt ins nächste Level. Ich bin mittendrin in der Welt von Rez Infinite, dem Remake eines 15 Jahre alten Games – und einem der Spiele, die zeigen wie überzeugend Virtual Reality sein kann.


icon_cookie

Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte unsere Cookies.

Cookies verwalten

Wer bisher in solche Scheinwelten abtauchen wollte, musste einiges technisches Verständnis, eine Menge Geduld und Geld aufbringen. Denn die VR-Pioniere Oculus Rift und HTC Vive setzen einen leistungsstarken PC voraus, der schon einmal 1200 Euro kosten kann. Auch die Brillen selbst sind mit 700 Euro für die Rift und 900 Euro für die Vive nicht gerade günstig. Aber selbst mit einem perfekten Setup ist oft noch viel Konfiguration nötig, um aufwendige Games wie die Kletterpartie The Climb oder das Grusel-Actionadventure Edge of Nowhere flüssig zu erleben. Virtual Reality war damit bisher etwas für die passionierte Nische, nicht für den Mainstream. PlayStation VR könnte das zu ändern.

Ein einfacher Einstieg
Wer schon eine derzeit rund 300 Euro teure PlayStation 4 zu Hause stehen hat, muss „lediglich“ 540 Euro für das komplette PlayStation-VR-Paket investieren: 400 Euro für die VR-Brille und 60 Euro für die zum Bewegungs-Tracking notwendige PlayStation 4 Kamera, einige Spiele unterstützen zudem die für 80 Euro erhältlichen Move-Controller. Pflicht sind diese aber nicht, weil sich nahezu jedes Game auch mit dem normalen DualShock-4-Controller steuern lässt. Doch bei Shooter-Sequenzen wie in London Heist sorgen sie für ein eindringlicheres Erlebnis. PlayStation VR ist damit in seiner Klasse äußerst günstig, aber immer noch eine kostspielige Anschaffung.

Verglichen mit den PC-VR-Systemen ist der Aufbau von PlayStation VR simpel. Das Set besteht abseits der Brille aus einer kleinen Prozessor-Einheit mit eigenem Netzteil. Sie wird mit zwei HDMI-Kabeln zwischen die PlayStation 4 und das TV-Gerät geschaltet. Mit einem USB-Kabel wird sie noch mit der Frontseite der Konsole verkoppelt. Abschließend wird die VR-Brille an die Prozessor-Einheit gesteckt. Wo bei HTC Vive noch zwei Tracking-Stationen montiert werden müssen, wird hier lediglich die schmale Kamera an die Konsole geschlossen und auf dem TV-Gerät platziert.

+++ Mehr von WIRED regelmäßig ins Postfach? Hier für den Newsletter anmelden +++

Müssen all die Kabel in eine schon gut verzurrte Konsolen- und Media-Installation einpflegt werden, kann das durchaus anstrengend sein – vor allem bei einem engen TV-Schrank. Dennoch lässt sich die Installation in unter 15 Minuten erledigen, wenn man der Schritt-für-Schritt-Anleitung folgt. Trotzdem wirkt das Endergebnis selbst bei „sauberem“ Verlegen durch die vielen Kabel improvisiert.

Günstig aber wertig
Die PlayStation-VR-Brille ist trotz des niedrigen Preises alles andere als billig verarbeitet. Das Plastik ist fest und der Kopfgurt dank Polsterung spürbar komfortabler als der der Oculus Rift. Nichts wackelt oder klappert. Nur ein Gummiband und das Feststellrad im Riemen lassen sich als sichere Verschleißkandidaten ausmachen. Mit der mattweißen Basis, dem schwarzen Visor und den blauen Tracking-Lichtern schaut die Brille zudem aus, als käme sie direkt aus dem TRON-Universum.

Die erstmalige Anpassung der Brille braucht etwas Zeit. Unter anderem werden die Weite des Kopfriemens und die Spannung des Gurts mit Knöpfen und Rädern justiert. Zudem sollte man einmalig seine Pupillendistanz direkt von der PlayStation 4 Kamera vermessen lassen. Angenehm: Der dicke Visor muss nicht wie eine Maske übergestülpt, sondern kann über eine Schiene von vorne weg- und herangefahren werden. Das kommt vor allem Brillenträgern zugute.

Letztlich sitzt die VR-Brille fest ohne direkt auf das Gesicht zu drücken. Das Gewicht lastet nicht im Augen- und Nasenbereich, sondern wird über den Riemen über den gesamten Kopf verteilt. So lässt sich das Headset bequem über eine Stunde tragen ohne Druckstellen zu verursachen oder zu ermüden. Lediglich das Tragen eines dickeren Kopfhörers – der direkt an einem 3,5-mm-Anschluss am Bedienblock des Kabelstrangs eingesteckt wird – gestaltet sich unangenehm. Denn dieser drückt unweigerlich auf das gewölbte Kopfband, was schmerzhaft sein kann.


Was leider ebenso unangenehm auffällt: Im Vergleich zu Rift und Vive hat die die Brille von Sony sehr breite und steife Kabel, die sie mit der Prozessor-Einheit verbinden. Sie sind schwer, ziehen am Kopf und können sich beim Spielen um Beine oder Arme wickeln. Ebenso droht man, zuckt man bei einem Horror-Game mal zusammen oder weicht virtuellen Kugeln aus, das Kabel samt Prozessor-Box aus dem Regal zu reißen.Simple Einrichtung
Die Verortung und das Kalibrieren von PlayStation VR ist unkompliziert. Beim ersten Start wird automatisch die aktuelle PlayStation-VR-Software geladen und die PlayStation 4 Kamera aktiviert, um den Sichtwinkel einzustellen. Der Idealabstand zwischen Kamera und Spieler beträgt dabei zwischen eineinhalb und vier Metern, so dass die Positionslichter der Brille und der Lichtbalken des Controllers stets im Blick sind. Die Sweet Area umfasst dabei rund zwei mal zwei Meter. Ein Fenster im Rücken und weitere Lichter im Raum können die Erkennungsgenauigkeit beeinträchtigen. Wobei zumindest ersteres bei unserem Test kein Problem war.Ist alles eingestellt und sitzt die PlayStation VR auf dem Kopf, gestaltet sich die Bedienung nicht anders als sonst. Denn es wird das bekannte Menü als große Leinwand vor die Augen gespiegelt und die allermeisten Games, wie gewohnt, bequem im Sitzen gespielt. Umgewöhnung ist also nicht nötig. Muss der Kopf unnötig gereckt oder geneigt werden, um das Menü zu sehen, lässt sich das Sichtfeld einfach durch das Halten des Optionen-Buttons zentrieren – das geht jederzeit, auch im Spiel. Das Bild in der Brille wird gleichzeitig auch auf dem Fernseher ausgegeben, so dass Freunde miterleben können, was der Spieler sieht.

Konkurrenzfähige Optik
Tatsächlich fühlt man sich mit PlayStation VR schnell in der Virtual Reality angekommen. Umfangreiche Einstellungen und Konfigurationen existieren nicht. Stattdessen lässt es sich sofort in die ersten Spiele eintauchen. Das Erkennen der Kopf- und Controllerbewegungen funktioniert dabei ziemlich problemlos. Wobei das Tracking bei weitem nicht so exakt und zuverlässig wie bei der aufwendigeren Lighthouse-Laserpositionsmessung der HTC Vive. Dennoch sorgt die Kamera für eine angenehm weiche und verzögerungsfreie Übersetzung in die virtuelle Umgebung. Lediglich die Lokalisierung, der mit Leuchtkugeln ausgestatteten Move-Controller hatte bei Gegenlicht einige Aussetzer und ließ die virtuellen Hände zittern. Hat die Kamera generell Probleme, das Headset oder die Controller auszumachen oder vibriert die Sicht, hilft ein Abdunkeln des Raumes.

Was die die rein optische Abbildungsqualität betrifft, ist die PlayStation-VR-Brille der Konkurrenz theoretisch unterlegen. Sie zeichnet 1920 x 1080 Pixel (960 x 1080 pro Auge) bei einem Sichtfeld von 100 Grad wohingegen die Konkurrenz von HTC und Oculus 2160 x 1200 Pixel (1080 x 1200 pro Auge) bei 110 Grad vor die Augen bringt. Beim Spielen fallen die mangelnden Bildpunkte und das leicht engere Blickfeld aber nicht ins Gewicht.


Ganz im Gegenteil, das Bild der PlayStation VR wirkt besonders bei kontrastreichen Spielen wie Rez Infinite, Rigs oder Tumble VR sogar etwas schärfer und natürlicher. Sony nutzt dicke geschliffene Linsen, wo HTC und Oculus auf gestufte Fresnel-Linsen setzten. Letztere lassen mit besonders dünnen und damit leichteren Gläsern einen scharfen Blick auf das nahe Display zu aber erzeugen auch Reflexionen und lassen satte Farbflächen an den Rändern unnatürlich glühen.

Die Sony-Entwickler haben es zudem durch hochwertigere Displays geschafft, den sogenannten Fliegengittereffekt zu minimieren. Wo bei Rift und Vive deutlich die Pentile-Farbmatrix als Gitter sichtbar ist, erscheint die bei PlayStation VR genutzte RGB-Matrix eher als raue Tapete. Obendrein erreicht die Sony-Brille eine höhere Bildwiederholfrequenz: bis zu 120 Hz, wo Rift und Vive maximal 90 Hz liefern. Damit erscheint das Bild bei schnellen Bewegungen ruhiger und lässt kaum Bewegungsschlieren erkennen.

Tolles Spiele-Lineup
Zum Verkaufsstart fährt Sony rund 30 Spiele aus fast allen Genres auf. Diese haben allerdings nicht die typische Bombastgrafik von Battlefront, Uncharted 4 oder The Witcher 3. Virtual Reality erfordert eine Rechenleistung, für die die PlayStation 4 nicht konzipiert wurde. Die Rundumsicht wird daher mit einem Weniger an Textur-Auflösung, Effekten und Spielweltgröße erkauft. Die für den 10. November angekündigte PlayStation 4 Pro soll diesen Leistungsmangel aber kompensieren – zumindest teilweise. In grafischer Hinsicht werden PC-Spieler auf längere Zeit aber definitiv die beeindruckenderen Erfahrungen machen. Jedoch trübt das das pure Virtual-Reality-Erlebnis nicht wirklich.


icon_cookie

Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte unsere Cookies.

Cookies verwalten

Viele PlayStation-VR-Titel zeigen, wie sich die Virtual Reality kreativ und spielerisch nutzen lässt. Einige Games sind sehr ambitioniert, schön anzusehen und lassen die Realität vergessen. Dazu gehört etwa der eingangs genannte Rail-Shooter Rez Infinite, der eine umwerfend abstrakte Welt aus Retro-Cyber-Ästhetik und Musik formt. Und definitiv zählt auch Batman: Arkham VR dazu, eines der wenigen PlayStation-VR-Games, das ausdrücklich im Stehen gespielt werden sollte. Als dunkler Ritter müssen Spieler hier in Adventure-Manier Tatorte mit untersuchen. Aber auch das Batmobil und Wayne Manor lassen sich unter die Lupe nehmen. Das Game dauert nur eine Stunde, bleibt aber in Erinnerung.

In Thumper rast man dagegen als Chromkäfer durch eine expressionistische Neon-Achterbahn und weicht Hindernissen aus. Das Spiel ist unheimlich schnell, sehr intensiv, fordert die Reflexe und verbindet sich mit der treibenden Trance-Musik zu einer immersiven Tunnelblickerfahrung. In Driveclub VR klemmt man sich wiederum hinter das Lenkrad verschiedener Luxus- und Rennwagen und kann sich mit anderen Fahrern messen, was dank des Rundumblicks sehr natürlich und rasant wirkt.

Das Horror-Game Here They Lie ist ein packendes Erlebnis aber nichts für schreckhafte Menschen. Der Spieler streunt hier auf der Suche nach einem Mädchen ganz ruhig durch eine bizarre Albtraumstadt, die von sonderbaren Kreaturen bevölkert wird. Das ist kein Survival-Horror, sondern eher ein Walking-Simulator im Stile von Dear Esther. Er schockt aber trotzdem! Ebenso wie die blutige Horror-Schießerei Until Dawn: Rush of Blood oder die nur wenige Minuten kurze jedoch zutiefst verstörende Kitchen-Demo zu Resident Evil 7, die es aktuell kostenlos zum Download gibt.

Auch die PlayStation VR World ist einen Blick wert. Sie bietet fünf imposant inszenierte Games, die sich als spielbare Kurzfilme verstehen. Hier taucht der Spieler beispielsweise durch ein Korallenriff und muss plötzlich eine Haiattacke überstehen. Er begeht als Gangster einen Raubüberfall, schlägt sich durch eine Schießerei inmitten Londons, geht als Astronaut in einem Roboter-Anzug auf Alienjagd oder spielt eine Art Science-Fiction-Pong. Vor allem visuell sind die Minigames eindrucksvoll und demonstrieren, was in den kommenden Jahren von PlayStation VR zu erwarten ist.

Einige der genannten und weitere Titel liegen der Brille als Anspielfassungen auf einer Demo-Disk bei. Darunter beispielsweise die Mech-Arena-Schießerei Rigs, das Rätsel-Abenteuer Wayward Sky, der Retro-Panzer-Shooter Battlezone und die Raumschiff-Schlachtsimulation EVE: Valkyrie. Mehr Spiele lassen sich im PlayStation Store laden.

Was Virtual-Reality-Filme betrifft, ist das Angebot der PlayStation VR noch recht dünn. Jedoch findet sich mit Allumette schon einer der schönsten und emotionalsten VR-Kurzfilme im Store. Er erzählt im Stile einer Stop-Motion-Animation die Geschichte einer Mutter und ihrer Tochter, die mit einem Schiff durch eine Welt von Wolkenstädten schweben. Mit Atomic Ghost Fleet steigt man hingegen für eine staunenswerte Tauchfahrt hinab in die Wracks rund um das Bikini-Atoll.


icon_cookie

Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte unsere Cookies.

Cookies verwalten

Doch unabhängig von der Qualität drehen einem manche derVirtual-Reality-Erlebnisse schon nach wenigen Minuten den Magen um, bereiten Übelkeit und Kopfschmerzen – triggern also die berüchtigte Cybersickness. Deswegen sollten Interessierte die PlayStation VR vor dem Kauf unbedingt mit mehreren Spielen testen, um herauszufinden, wie anfällig sie für die Simulatorkrankheit sind. Viele Entwickler arbeiten derzeit hart daran, Mittel und Wege gegen die Spielübelkeit zu finden. Bis eine pauschale Lösung gefunden ist, wird es noch einige Zeit dauern.

Übrigens: Abgesehen von den PlayStation-VR-Games lassen sich auch alle normalen PlayStation-Titel ebenso wie Filme auf der PlayStation VR darstellen. Diese werden dann wie auf einer breiten Leinwand gezeigt, die vor einem in einem schwarzen Raum schwebt. Ein ganz eigenes Privatkino wird die Playstation VR so – sehr nett.

Fazit: Kein großer Schritt, aber ein guter
Die PlayStation VR zeigt sicher nicht, was aktuell im Bereich der Virtual Reality machbar wäre. Technik und Umsetzung der VR-Brille offenbaren einige Kompromisse zugunsten eines niedrigen Preises und einer unkomplizierten Nutzbarkeit: Das Kabelgewirr kann nerven, die Bewegungserkennung könnte exakter sein und natürlich hängt die PlayStation 4 ist in Sachen Grafikpracht aktuellen PCs hinterher. Doch trotz allem ist PlayStation VR nicht nur ein gutes, sondern eine äußerst gelungenes Virtual-Reality-System. Sie erlaubt nahezu jedem eine einfache Einrichtung, einen schnellen Einstieg, eine verständliche Bedienung, ein flüssiges Spielerlebnis und schon zum Start eine große Vielfalt an Games.

Allem voran gibt einem PlayStation VR das Gefühl, wirklich in andere Welten abgetaucht zu sein, fremde Orte besucht und neue Erfahrungen gemacht zu haben. Eben die Gewissheit, ein Videospiel nicht nur gespielt, sondern es erlebt zu haben. Das, was wir uns von Virtual Reality erhoffen. Sonys VR-Brille zeigt aber ebenso, welche Herausforderungen anstehen und welche Möglichkeiten, es zu verfolgen gilt: bessere Grafik und effizientere Nutzung der Ressourcen, intelligentere Erfahrungen und Videospiele, bei denen die Simulatorkrankheit kein Thema mehr ist.

Playstation VR ist mit all dem ein richtiger und wichtiger Schritt heraus aus der teuren elitären VR-Nische und der Versuch, zu beweisen, dass Virtual Reality nicht nur ein trendiger Tech-Hype ist. Ob damit aber letztlich der Sprung zum Medium für die Masse gelingt, das bleibt vorerst abzuwarten.


GQ Empfiehlt
7 VR-Games, die ihr ausprobieren solltet

7 VR-Games, die ihr ausprobieren solltet

von Michael Förtsch

Sony stellt zwei neue PS4-Modelle vor

Sony stellt zwei neue PS4-Modelle vor

von WIRED Staff