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Warum der echte Startup-Boom gerade in China startet

von Marlene Ronstedt
China steht vor einem zweiten Wirtschafts-Boom. Das prophezeit Joseph Constanty. Er ist Unternehmer und Experte für die chinesische Startup-Szene. Im Gespräch mit WIRED erklärt er, wie Gründer dort erfolgreich sein können.​

“Man kann China beim wachsen zusehen,” sagt Joseph Constanty. Der Unternehmer lebt seit über 15 Jahren in Shanghai und hat dort den Aufstieg der Startup-Szene miterlebt. Nicht nur neue Hochhäuser schießen dort täglich aus dem Boden, sondern auch Coworking-Spaces, groß wie Shopping-Malls, in denen neue Geschäftsideen im Minutentakt ausgebrütet werden. Constanty sagt, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, an dem es für Startups, Maker und Gründer in China noch mal so richtig los geht.

Bisher werde die Szene in China vor allem von den sogenannten BATs dominiert. BAT steht für Baidu, Alibaba und Tencents, die drei wichtigsten chinesischen Tech-Firmen. Baidu ist in etwa das chinesische Google, Alibaba ein Amazon-Äquivalent und Tencents ein Alleskönner.

Die drei Unternehmen wurden um die Jahrtausendwende gegründet und sind stetig gewachsen. Jetzt könnte sich allerdings einiges ändern. Mehrere Angestellte in höheren Positionen haben ihre Posten in den BATs verlassen, um sich selbständig zu machen. Constanty sagt, das liege daran, dass sie jetzt nach chinesischen Standards alles erreicht haben: Job, Familie und Geld. Deswegen können sie jetzt etwas experimentierfreudiger werden. Zudem können sie “wichtiges Wissen und Erfahrungen” mitbringen, um so nochmal richtig die Startup-Szene in China aufzurütteln.

Es sind eigentlich die drei Key-Player, die es anderen Startups in China erschweren, ihre eigenen Produkte in den Markt einzuführen. „Die BATs tendieren dazu, alles zu übernehmen, was wächst und nach einer einigermaßen guten Idee aussieht“, sagt Constanty. Tencents ist da das beste Beispiel, die Investmentfirma hat sich auch dem Gaming-Markt angenommen und bietet Online-Marketing-Services an. Die Suchmaschiene Baidu hat auch einen Fahrradverleih.

Startups im Hardware-Segment hätten es da leichter, sagt Constanty. Ihre Ideen seien nicht ganz so leicht zu kopieren, wie bei Software. Aber es gibt auch einen Hardware-Vorteil: Als chinesisches Startup sitzt man im gleichen Land wie die Fabriken, in denen die Gadgets produziert werden. Besonders prominent ist die südchinesische Stadt Shenzhen. Vor den Toren Hongkongs hat sich hier über Jahre hinweg ein Hardware-Hub entwickelt. Das tolle für Maker und Gründer ist, dass sie hier innerhalb kürzester Zeit einen Prototyp bauen lassen können – in Europa würde das locker mal ein paarMonate dauern.

Hardware-Ideen sind nicht so leicht zu kopieren wie Software

Joseph Constanty, Experte für die chinesische Startup-Szene

In Shenzhen gäbe es extra darauf spezialisierte Fabriken für Rapid-Prototyping, sowie Markthallen, in denen Chips und Kabel bequem eingekauft werden können, sagt Constanty. Auch um die Produktion im großen Stil voranzutreiben, ist man in Shenzhen an der richtigen Adresse, schnell ist eine Fabrik für die Massenproduktion eines neuen Geräts gefunden.

Die neuen Komponenten, die in Shenzhen entwickelt werden, sind nicht nur für den chinesischen Markt. Viele Teile landen später in amerikanischen oder deutschen Produkten. In China wird umgedacht, wenn es um Qualität geht, sagt Constanty. Europäische oder amerikanische Standards sind höher und chinesische Firmen passen sich mittlerweile daran an, damit ihre Erfindungen und Produkte auch außerhalb von China erfolgreich sind. Im großen Stil hat das in den letzten Jahren der Smartphone-Hersteller Huawei bewiesen.

Anders als in Deutschland ist die chinesische Bevölkerung schnell für ein neues Gerät oder Feature zu begeistern, sagt Constanty: „Die Chinesen sind sehr adaptiv.“ Es sei nicht untypisch, auf einem Gemüsemarkt mit einem QR-Code über die Messenging-App Wechat zu bezahlen. Im Gegenzug dazu gibt es in Deutschland immer noch Orte, an denen es unmöglich ist mit EC-Karte zu zahlen. Bis das mit Whatsapp funktioniert, ist es noch ein weiter Weg.

Es ist diese Aufbruchsstimmung, die Joseph Constanty vor 15 Jahren dazu brachte, nach einem Praktikum in China zu bleiben und dort sein eigenes Unternehmen zu gründen. Angefangen hat er mit einer Consulting Firma, heute ist er im Aufsichtsrat von NIU. Ein Mobility-Startup, das E-Roller baut, die mit deutschen Bosch-Motoren Chinas Städte wieder leiser und deren Luft sauberer machen sollen.

Eine der größten Hürden für Constanty war es, sich am Anfang in der ungewohnten Business-Kultur Chinas zurecht zu finden. Nicht nur sprachliche Barrieren galt es zu überwinden, sondern ihm fehlte auch das Netzwerk. Deswegen gründete er kurzerhand seine eigene Networking-Plattform. Denn am wichtigsten in China sind noch immer die guānxi(关系), die Beziehungen.

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